Rigobert Dittmann / Bad Alcemy Germany / Broken.Heart.Collector

Rigobert Dittmann, Bad Alcemy, BA 70, Germany
Broken.heart.collector (Discorporate Records, DIS­REC18), der erste Longplayer der Austrian-Allstars-Formation
BROKEN.HEART.COLLECTOR, ist zuerst mal ein Fressen für die Augen. Das macht das Artwork von Mackie Osborne, die auch schon ihre Debut-7″ Strange Fruits (2008) designt hat, wie seit 1980 schon Dutzende von schönen Scheiben, von Mr. Bungle (California), vom Trio Convulsant (Sister Phantom Owl Fish) und immer wieder den Melvins, der Band von Mr. Osborne. Allstars sage ich, weil neben Manfred ‘Raumschiff’ Engelmayr (g, el) auch seine BulBul-Kameraden da trapsen, Der­hunt (b, el) und Didi Kern (d, perc, inside p, field rec.), Letzterer zudem Urgestein mit Fuckhead und Wipeout. Dazu spielt Susanna Gart­mayer (When Yuppies Go To Hell, Gemüseorchester, J. Leandre Tentet etc.) Bass- & Kontraaltklarinetten und Maja Osojnik (Low Frequency Orchestra, Frufru, eigene Band) wechselt zwischen Bassblockflöte und Schnickschnack. Und sie… singt (was für ein harmloses Wort für das, was sie tut). Auf dem Programm stehen nämlich… Songs? Herzabdreherei, Hirnzermulmung träfe es wohl besser. Gleich schon der gut 11-min. ‘Love Reclamation Song’, den die Slowenin mit faszinierendem Alt anstimmt, legt einen flach. Da rauscht und dröhnt mondstichiger NoiseRock, den man sich als Portmanteau analog zu ‘Brundlefly’ vorstellen muss, nicht erst, wenn er abrupt in Broken.Heart.Core umschaltet. Diese raue Gangart bestimmt auch den knurrigen Countrytango ‘Another heart bites the dust’, mit Bassklarinettentristesse und lakonischem Gesang, dem wohl nicht unvertraut ist, dass so manche Liebe im Death Valley versandet. Für das Instru­mental ‘The average weight of love’ wühlt Kern im Innenklavier, Anubis wiegt das Herz, gebrochene wiegen schwerer als taube. Der furiose ‘Eisenwalzer’ schmiedet mit schwerem, fuzzigem Gehämmer die Herzensschlacke, Klarinette und Gitarre heulen, Osojnik raunt von den Abgründen hinter den Wänden der Seele, bis zuletzt nur noch ein verlorenes Glockenspiel pingt. Danach ist alle Spreu weggeblasen, und als Vergleich bleiben nur Metalycé und Carla Bozulich übrig. ‘Get the dog’ schaltet mit Ostinatos von Bass und Bassklarinette zwei Gänge höher, Osojnik führt Anubis Gassi. Knarrend öffnet sich die Tür zu ‘Boatwischmusik’, das Boot liegt auf dem Trockenen, die Füße schlurfen durch den Sand der Borderlands, die Bezirke der gebrochenen Versprechen. Osojnik murmelt diesen Desertrocksong so gefühlsecht, dass es zwischen den Zähnen knirscht. You can cry yourself to sleep, bis der Bass ächzend zum Stillstand kommt. Schluck. Für ‘Eckig’ wird wie rasend die Kurbel gedreht, alles was nicht nagelfest ist, bebt. Erhaben setzt Gebläse und Vokalisation ein, der Insichwiderspruch rüttelt am Fundament dieses Prachtstücks, einer Trauerhymne, bei der die Frackschöße brennen. ‘[…]’ stöbert im Klangschutt, bevor ‘Cestny crv’ groovig in den Verkehrsstrom einfädelt. Zuletzt pfeifen die Spatzen in den Hecken ‘Wolves’, und Osojnik singt 4/4-bepulst vom Herzschlag der Wolfsähnlichen. Raue Riffs mischen sich mit hellem Gebläse, die Band beschleunigt zum Trolltrott, Osojniks Sprechgesang entgleist in Glossolalie und Gegilfe, das Chaos fletscht grinsend sein Wolfsgebiss, bis die blasenden Damen für einen unverhofft harmonischen Ausklang sorgen. Nach herzhaftem Hauptgang ein Näscherl für den süßen Zahn.